Orgelwerke

München-Schwabing, St. Ursula
Renovierung der Steinmeyer-Orgel von 1952 | III/62 (1 Ext., +2 TM, +Celesta) | 2027
Die Münchner Pfarrkirche St. Ursula wurde 1897 städtebaulich prominent im Stadtteil Schwabing errichtet. Die von August Thiersch entworfene Basilika beeindruckt mit ihrer überzeugenden Adaption historisierender Architektur im Stil der norditalienischen Renaissance, die sich in der gediegenen Innenraumgestaltung fortsetzt und bis heute nahezu unverändert erhalten geblieben ist.
Für die neue Kirche baute Franz Borgias Maerz 1897 als op. 349 eine zweimanualige Orgel mit 32 Registern, die 1926 von der Werkstatt Behler & Waldenmaier umgebaut und auf 37 Stimmen erweitert wurde. Kriegsbedingte Wasserschäden an der Orgel führten 1952 zum Orgelneubau durch Georg Friedrich Steinmeyer (op. 1827, III/58) unter Verwendung von Windladen und Pfeifenwerk des Vorgängerinstrumentes. Die übernommenen Maerz-Pfeifen wurden dabei durchweg umintoniert.
Die Orgel steht auf mehrere Klangkörper verteilt im rückwärtigen Emporenraum, der sich zum Kirchenschiff hin mit drei großen Arkadenbögen öffnet. Der breite vergitterte Gehäusekasten wird in der Mitte von einer simplen Prospektpfeifenanordnung unterbrochen. Seitlich stehen – vom Kirchenschiff aus kaum zu sehen – zwei schmale Pedalabteilungen. Durch die Integration von Teilen der romantischen Maerz-Orgel finden sich in dem Instrument heute zwei unterschiedliche Ladensysteme: elektropneumatische Kegelladen (Ped., HW, NW, SW kl. Unterlade) und elektropneumatische Taschenladen (zwei Windladen im SW und einzelne Zusatzladen der anderen Werke). Vier große Doppelfaltenbälge versorgen das Instrument mit den erforderlichen Winddrücken zwischen 90 und 100 mmWS. Seit ihrer Erbauung ist die Orgel nicht verändert worden und stellt ein bedeutendes Beispiel für einen qualitativ hochwertigen und soliden Nachkriegs-Orgelbau dar – für damalige Verhältnisse durchaus nicht selbstverständlich.
Mangelnde Wartung führte im Laufe der Jahre zu technischen Problemen. Trotzdem sich zwischenzeitlich auch die Auffassung über Orgelbau und Orgelmusik geändert hatte und man eine neue Orgel mit völlig anderem stilistischen Konzept plante, entschied man sich im Bewusstsein um den Wert der Steinmeyer-Orgel, diese lediglich stillzulegen und an Ort und Stelle zu belassen, während das neue Instrument der Fa. Winfried Albiez 1984 (III/45) im Chorraum aufgestellt wurde.
Nach vierzig Jahren im Dornröschenschlaf dürfen wir die unter Denkmalschutz stehende Steinmeyer-Orgel 2027 renovieren und zu neuem Leben erwecken. Zunächst ist eine gründliche Reinigung, Renovierung und Herstellung der Funktionstüchtigkeit aller Teile erforderlich. Die Prospektpfeifen werden abgeschliffen und neu lackiert. Die Wartungszugänglichkeit der bislang beengten Platzverhältnisse wird durch Verbreiterung der Prospektstimmgänge und Vorziehen des Orgel-Mittelteils verbessert.
Die gesamte Elektrik muss erneuert und den aktuellen Schutzbestimmungen angepasst werden. Dabei wird die elektropneumatische Tonrelais-Steuerung zugunsten einer präziseren Spielimpuls-Übertragung so umgebaut, dass statt der pneumatischen Vorgelege nun neue Elektromagnete direkt die Kegel-Relais der Windladen öffnen. Während alle Ton- und Register-Membranen erneuert werden müssen, brauchen die meisten Taschen nur überarbeitet zu werden. Das Gebläse wird durch einen neuen Motor ersetzt und die Windanlage stabilisiert. Um die Schwellwirkung zu verstärken, erhält der Schwellkasten eine Auflage von Blei- und Multiplexplatten sowie eine neue elektrische Jalousiesteuerung.
Auch der Spieltisch wird umfassend revidiert und mit neuer Elektrik und Beleuchtung ausgestattet. Die Bedienungsmöglichkeiten werden erweitert durch eine moderne Setzeranlage mit Touch-Display, weitere Funktionen (freie Koppeln etc.) und eine MIDI-Schnittstelle. Auch die Chororgel wird über einen Bedienungsmonitor vom alten Spieltisch aus angesteuert werden können. Die Registerwippschalter erhalten Stellmagnete für die Setzernutzung.
Im klanglichen Bereich wird die Orgel um ein Chamadenwerk, eine Soloflöte und ein Celesta-Glockenspiel mit freier Manualzuweisung erweitert. Für die Ergänzungen werden einige bislang unbelegte Registerwippen im Spieltisch verwendet. Die vier neuen Pfeifenregister werden auf einer Windlade mit Einzeltonsteuerung aufgestellt. Eine intensive Nachintonation widmet sich vor allem der Balance der Register zueinander, so dass die romantischen und neobarocken Register zu einer Symbiose im Sinne der sog. Orgelbewegung klanglich vereint werden.
Im Vierungsbereich der Kirche, also nahe am liturgischen Geschehen, wird ein neuer mobiler Zentralspieltisch installiert, der ein gemeinsames Spiel von Haupt- und Chororgel ermöglicht und beide zu einer großen Gesamtanlage vereint.
Lesen Sie hier mehr über die geplante Renovierung der Albiez-Chororgel.
Die Gemeinde informiert über das Projekt auf einer eigenen Internetpräsenz: https://schwabinger-dom-orgel.de/
Disposition
I. Hauptwerk C-g3
- Prinzipal 16' M/B&W/St
- Oktave 8' M/St
- Gemshorn 8' M/St
- Grobgedeckt 8' M/St
- Quintade 8' St
- Oktave 4' M
- Rohrflöte 4' B&W?
- Quinte 2 2/3' M/St
- Oktave 2' M
- Cornett 5f. 8' M/?
- Mixtur 4-6f. 1 1/3' St
- Tuba 8' M
- Trompete 4' G
II. Nebenwerk C-g3
- Quintade 16' St
- Holzflöte 8' M/St
- Viol 8' M/St
- Metallgedeckt 8' St
- Geigend Prinzipal 4' M/St
- Pommer 4' St
- Nachthorn 2' St
- Gemshörnlein 2' St
- Spitzquinte 1 1/3' St
- Sifflöte 1' St
- Scharff 4f. 1' St
- Terzcymbel 3f. 1/4' St
- Krummhorn 8' G
Tremulant
III. Schwellwerk C-g3
- Gedeckt 16' M
- Prinzipal 8' M/St
- Nachthorn 8' St
- Salicional 8' M/St
- Schwebung 8' St
- Lieblich Gedeckt 8' M/?
- Weitprinzipal 4' ?/?
- Traversflöte 4' M
- Quintade 4' St
- Nasard 2 2/3' ?/?
- Flachflöte 2' St
- Terzflöte 1 3/5' ?/?
- Plein jeu 4f. 2' St/?
- Oktavcymbel 2f. 1' St
- Bombarde 16' G
- Feldtrompete 8' G
- Oboe 8' G
- Rohrschalmei 4' G
Tremulant
Solo (floating, 2027) C-g3
- Soloflöte 8' Sp
- Chamade 16' Sp
- Chamade 8' Sp
- Chamade 4' Sp
Celesta (56 Töne) Sch
Pedal C-f1
- Prinzipalbaß 16' M
- Violon 16' M
- Subbaß 16' M
Zartbaß 16' (Transmission III.) - Großquinte 10 2/3' M
- Oktavbaß 8' M/St
- Streichbaß 8' M
Nachthorn 8' (Transmission III.) - Choralbaß 4' M/St
- Flöte 4' St
- Rohrpfeife 2' St
- Hintersatz 4f. 2 2/3' St/?
- Kontraposaune 32' G (Extension Posaune 16')
- Posaune 16' M
- Baßtrompete 8' G
- Klarine 4' G
6 Normalkoppeln, Crescendowalze
Setzeranlage mit Touch-Display
MIDI-Schnittstelle
elektropneumatische Trakturen
M: Maerz 1897
B&W: Behler & Waldenmaier 1926
St: Steinmeyer 1952
G: Giesecke 1952
?: Pfeifen untersch. bzw. unbek. Provenienz
Sp: Späth 2027
Sch: Schiedmayer 2027













