Orgelwerke

Hamburg-Altona, St. Marien

Renovierung der Führer-Orgel (1964) | III/33 | 2011

In Folge des Zweiten Weltkrieges wurde in nahezu allen Kunstformen eine Abwendung von Empfindung und Gefühl vollzogen. Die bereits in den Zwanzigerjahren von Hamburg aus mit dem Schriftsteller und Orgelbauer Hans Henny Jahnn und dem Orgelbauer Rudolf von Beckerath begonnene Orgelbewegung erhielt damit in Norddeutschland erhebliche Verbreitung. Dies führte dazu, dass der romantische Orgelbau abgelehnt und ein ideologisch rekonstruiertes Klangbild der Instrumente von Schnitger und Silbermann geschaffen wurde, welches jede Verbindung zum tatsächlichen Barock und zur romantischen Orgel eingebüßt hatte. Heute wird dieses Klangbild als "Neobarock" bezeichnet. Rudolf von Beckerath schilderte sein Ideal: "Die Pfeife kommt aus der Fertigung ohne jegliche klangliche Bearbeitung direkt in das Instrument!" In seinen späten Jahren hat er dann allerdings bei manchem seiner Instrumente die klangliche Unausgewogenheit und Schroffheit durch Nachintonation abgemildert.

Als ein typisches Produkt der norddeutschen Orgelreform blieben bei der Alfred Führer-Orgel von 1964 in der Marienkirche in Hamburg- Altona, trotz einer ersten Renovierung 2003, die üblichen Defizite. Zu kühl, zu obertönig, zu wenig Fülle und ein instabiler Wind im vollen Spiel.
Im Zuge der Kirchensanierung wurde das Instrument durch unsere Orgelbauwerkstatt von Grund auf renoviert und um ein drittes Manual samt neuem Spieltisch erweitert. Dabei fügt sich das üppig disponierte Schwellwerk sowohl optisch als auch klanglich unauffällig in die bestehende Anlage ein. Es entwickelt, sowohl für das Literaturspiel, als auch für den zeitgemäßen liturgischen Gebrauch, eine enorme Vielseitigkeit und, wegen der starken räumlichen Gliederung, eine große klangliche Plastizität.
Die Disposition des Schwellwerkes und die gesamte Intonation sind eine Weiterentwicklung des Ausgangsinstrumentes, wie man sie auch in späteren Werken aus dem Hause Führer finden könnte. Zusammen mit dem umgebauten und nun progressiv wirkenden Windsystem ist unter den Händen unseres erfahrenen Intonateurs, Reiner Janke, ein agiles, harmonisches Gesamtwerk norddeutscher Prägung entstanden.

Disposition

I. Hauptwerk C-g3

  1. Prinzipal 8'
  2. Rohrflöte 8'
  3. Oktave 4'
  4. Gedacktflöte 4'
  5. Oktave 2'
  6. Mixtur 4f 1 1/3'
  7. Trompete 8'

II. Schwellwerk C-g3

  1. Bordun 16'
  2. Prinzipal 8'
  3. Konzertflöte 8'
  4. Bordun 8'
  5. Gemshorn 8'
  6. Schwebung ab c0 8'
  7. Oktave 4'
  8. Traversflöte 4'
  9. Nazard 2 2/3'
  10. Spitzflöte 2'
  11. Terz 1 3/5'
  12. Mixtur 3-4f 2'
  13. Trompete 8'
  14. Oboe 8'
  15. Vox humana 8'

III. Rückpositiv C-g3

  1. Gedackt 8'
  2. Blockflöte 4'
  3. Sesquialter 2 2/3'
  4. Prästant 2'
  5. Sifflöte 1 1/3'
  6. Oktave 1'
  7. Dulzian 8'

Pedal C-f1

  1. Subbass 16'
    Bordun 16' Transmission aus dem Schwellwerk
  2. Prästant 8'
    Konzertflöte 8' Transm. SW
    Gemshorn 8' Transm. SW
  3. Oktave 4'
    Traversflöte 4' Transm. SW
    Mixtur 3-4f 2' Transm. SW
  4. Fagott 16'
    Trompete 8' Transm. SW

Koppel: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
Sub II, Super II, Sub II/I, Super II/I, Super II