Orgelwerke

Pforzheim, Ev. Stadtkirche

Renovierung und Erweiterung der Steinmeyer-Orgel (1968) | IV+Aux/65 +7 Ext. | 2021

Die alte neugotische Stadtkirche von Pforzheim wurde nach Kriegsbeschädigung abgetragen und durch einen 1968 geweihten, streng geometrischen Neubau ersetzt. Die längs angeordnete Musikempore ist vom Kirchenraum mittels Betonpfeilern abgesetzt. In der vertäfelten Rückwand der Empore sind großflächige Aussparungen eingelassen, in denen die Prospektpfeifen mit der dahinterliegenden Orgel aufgestellt sind. Die zeittypische Prospektfront mit Glasjalousien bildet somit einen integralen Bestandteil der Kirchenarchitektur und bleibt in gestalterischer Hinsicht von den Renovierungsmaßnahmen unberührt.

Gleichzeitig mit der neuen Kirche wurde die Orgel 1968 durch die Firma Steinmeyer, Oettingen, als Opus 2192 mit 60 Registern auf vier Manualen und Pedal, mechanischer Spieltraktur, elektro-pneumatischer Registertraktur und freistehendem Spieltisch fertiggestellt. Die Windladen stehen in zwei Etagen über- und nebeneinander, wodurch die Orgel eine sehr geringe Tiefe besitzt und den Klang direkt in den Raum abstrahlt. In der Mitte befindet sich unten das Schwellwerk, darüber das Oberwerk. Rechts ist unten das Hauptwerk und oben das Kronwerk positioniert. Auf der linken Seite stehen übereinander die Laden des Großpedals (unten) und Kleinpedals (oben).

Seit der Erbauung fanden keine nennenswerten Arbeiten an der Orgel statt. Die an sich gute Qualität des Instrumentes verhinderte nicht, dass im Laufe der Jahre Mängel auftraten, welche die technische und klangliche Zuverlässigkeit beeinträchtigen. Zudem, so heißt es in einem Gutachten, erfüllt die in der Blütezeit des Neobarock erbaute Orgel die heutigen Anforderungen an ein Hauptinstrument eines kirchenmusikalischen Zentrums nur bedingt. Um die Schärfe, Unausgewogenheit und fehlende Tragfähigkeit des Klangbildes zu korrigieren, wurden neben der technischen Renovierung auch klangliche Modifikationen und Erweiterungen der Disposition beschlossen, die der Musizierpraxis entgegen kommen und bisher nicht verfügbare Klangmöglichkeiten eröfffnen. Dementsprechend zielte die intensive Neuintonation aller Register auf eine Weiterentwicklung des Klangbildes unter Beibehaltung des ursprünglichen, strahlenden Charakters.

Die Disposition blieb weitestgehend erhalten. 9 Pfeifenreihen wurden ersetzt oder innerhalb der Orgel umgestellt, andere kamen neu hinzu. Im Schwellwerk erhielten die Grundstimmen der 16'- 8'- und 4'-Lage ausgebaute Superoktaven bis g4 auf elektrisch angesteuerten Zusatzladen.

Als neues Teilwerk ergänzt das schwellbare Auxiliar (innerhalb der Orgel links vom Pedalwerk) die klangliche Bandbreite um fünf romantisch ausgerichtete Stimmen mit sechs Oktav- und Quintauszügen, die speziell auch der Chorbegleitung dienen sollen. Es besitzt Einzeltonansteuerung, womit jede Pfeifenreihe separat von den Manualen, als auch vom Pedal gespielt werden kann.

Außer den Maßnahmen zur Arbeitssicherheit und Gehäusestabilität, sowie der Reinigung sämtlicher Teile, wurden Trakturen, Spieltisch, Elektrik inkl. Schleifenzugmagnete und Windladen überarbeitet oder teilerneuert. Die Windanlage wurde grundlegend neu konzipiert. Auch die Schwellwirkung des Schwellwerks wurde optimiert. Das Ergebnis macht sich u.a. in einer sensibleren Spieltraktur, zuverlässiger Registrierfunktion und einem stabilen Wind bemerkbar.

Zur Optimierung der Klangemissionen beider betroffenen Werke wurde das Kronwerk mitsamt des Wellenbrettes höher und dadurch mit mehr Abstand zum Hauptwerk aufgestellt. Eine neue Setzeranlage inkl. Touch-Display und eine Reihe von Oktavkoppeln erweitern die Nutzbarkeit der musikalischen Ressourcen zusätzlich.

Disposition

I. Hauptwerk C-g3

  1. Großprinzipal 16'  teilw. Prospekt
  2. Hauptprinzipal 8'
  3. Spillpfeife 8'
  4. Holzgedackt 8'
  5. Oktave 4'
  6. Hollerflöte 4'
  7. Quinte 2 2/3'  neu
  8. Kleinprinzipal 2'
  9. Blockflöte 1'  aus SW
  10. Großmixtur 6f. 1 1/3'
  11. Zimbel 3f. 2/3'
  12. Basson 16'
  13. Trompete 8'
  14. Feldtrompete 4'

II. Oberwerk C-g3

  1. Engprinzipal 8'  neu, C-Fs aus Piffaro
  2. Piffaro 8'  nicht schwebende Flöte, teilw. Prospekt
  3. Musiziergadackt 8'
  4. Prinzipal 4'
  5. Nachthorn 4'
  6. Quinte 2 2/3'
  7. Spitzflöte 2'
  8. Terz 1 3/5'
  9. Kleinquinte 1 1/3'
  10. Scharfzimbel 4f. 1'
  11. Cromorne 8'  aus SW
    Tremulant

III. Schwellwerk C-g3/4

Superoktavkoppel ausgebaut bis g4
für Grundstimmen 16'+8'+4'

  1. Rohrgedeckt 16'
  2. Holzprinzipal 8'
  3. Rohrflöte 8'  C-H neu, vorher 4'
  4. Harfpfeife 8'  ab c° neu
  5. Weitprinzipal 4'
  6. Fernflöte 4'  neu
  7. Flötprinzipal 2'
  8. Sesquialtera 2f. 2 2/3'
  9. Plein jeu 5f. 2'
  10. Fagott 16'
  11. Trompete 8'  neu
  12. Oboe 8'  neu
    Tremulant

    Carillon 1/2'  fs°-f3,
    12 Metallplättchen repetierend auf fs1/fs2

IV. Kronwerk C-g3

  1. Grobgedackt 8'
  2. Quintade 8'
  3. Portunalflöte 4'
  4. Waldflöte 2'
  5. Prinzipalmixtur 5f. 4'
  6. Septkornett 2-3f. 2 2/3'+1 3/5'+1 1/7'
  7. Kleinmixtur 4f. 1'
  8. Schalmei 8'
    Tremulant

Auxiliarwerk (schwellbar), neu C-g3

  1. Resultant 32' (16' mit Quintschaltung)
  2. Bordunflöte 16'
  3. Weitprinzipal 8'
    Bordunflöte 8' Ext.
  4. Gambe 8'
  5. Schwebung 8' ab c°
    Weitprinzipal 4' Ext.
    Flöte 4' Ext.
    Gambe 4' Ext.
    Schwebung 4' Ext.
  6. Weittrompete 8'

Pedal C-f1

  1. Akustikbaß 32' aus Pr. 16' ab c°+12 Quintpfeifen
  2. Prinzipal 16' teilw. Prospekt
  3. Subbaß 16'
  4. Pommer 16'
  5. Quintbaß 10 2/3'
  6. Oktavbaß 8'
  7. Flötbaß 8'
  8. Choralbaß 4'
  9. Bauernpfeife 2'
  10. Rauschpfeife 3f. 5 1/3'
  11. Hintersatz 6f. 2 2/3'
  12. Bombarde 32'
  13. Posaune 16'
  14. Trompete 8'
  15. Clairon 4'
  16. Singend Cornett 2'

 

Koppeln: II/I, III/I, IV/I, III/II, IV/II, IV/III,
I/P, II/P, III/P, IV/P,
III/III Sub/Super, III/I Sub/Super,
IV/III Sub/Super, IV/I Sub/Super.

Setzeranlage
Crescendowalze
Zungeneinzelabsteller

MIDI-out für alle Klaviaturen

 

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